Die Startup-Landschaft in Deutschland, Europa und weltweit zählte mit dem Ausbruch der Corona-Pandemie und den folgenden Beeinträchtigungen der Wirtschaft schnell zu den großen Sorgenkindern. Junge Unternehmen, oft ohne etabliertes Geschäft oder nennenswertes finanzielles Polster und regelmäßig auf frisches Kapital angewiesen – zusammengefasst ergaben sich dadurch trotz Rekordinvestitionen 2019 alles andere als optimale Voraussetzungen für Startups, um eine größere Krise unbeschadet zu überstehen. Schnell machte das Szenario eines Startup-Sterbens die Runde. Tatsächlich haben viele dieser Unternehmen ein sehr schwieriges und turbulentes Jahr hinter sich, aber das Ernst & Young Startup-Barometer 2021 zeigt nun, dass die Mehrzahl der Gründer das Corona-Jahr 2020 insgesamt gut überstanden hat. Es gab sogar weitere Rekorde in der Startup-Szene.
Mehr Finanzierungen in Deutschland und mehr Kapital für europäische Startups
Hierzulande konnten die jungen Unternehmen mit einem Zuwachs von sechs Prozent eine neue Rekordzahl an Investitionen verzeichnen. Allerdings gab es dabei weniger große Deals im Bereich von 100 Millionen Euro oder mehr. Insgesamt flossen sogar 15 Prozent weniger Kapital in die Startup-Szene. Besonders in Baden-Württemberg, Hamburg oder Nordrhein-Westfalen zeigten sich die Investoren zurückhaltender. Berlin boomte dagegen nach wie vor als Startup-Standort. Bayern vermeldete sogar über ein Drittel mehr Finanzierungen, deren Gesamtvolumen allerdings auf Vorjahresniveau geblieben ist. Die Gewinner 2020 kommen aus den Branchen, die generell in der Corona-Krise gewachsen sind: E-Commerce und Gesundheit. Andere wie Fintechs oder Mobilitäts-Startups verloren dagegen eher.
Die europäische Startup-Szene stand sogar noch besser da: Hier zeichnet sich für 2020 ein neuer Rekord bei den Gesamtinvestitionen ab, der vor allem auf einige große Finanzierungsrunden bis zu einer Viertelmilliarde Dollar zurückgeht.
Die Aussichten der Startups für 2021
Aus den USA kommen mehr und mehr Nachrichten von Börsengängen bereits etablierter Startups. Dafür gibt es auch in Deutschland Kandidaten, diese besitzen aber vielfach noch nicht ganz die notwendige Reife oder sind wie beispielsweise Flixbus und die Reiseplattform Omio in einer aktuell problematischen Branche engagiert. Reisen und Touristik werden erst wieder mehr Gewissheit für ihre Geschäfte brauchen, bevor hier junge Unternehmen Einfluss und Kapital zurückgewinnen können. Ein größerer Trend zeichnet sich im Bereich von Produkten und Dienstleistungen für eine weibliche Kundschaft ab. Female Finance wächst hier als Thema gerade stark und könnte einen neuen Fintech-Trend markieren. Anders als in 2020 deuten sich auch wieder mehr größere Finanzierungsrunden an. Nach der Berliner Auto1 Group, dem Flugtaxi-Entwickler Lilium oder dem E-Mobility-Startup Tier Mobility im letzten Jahr könnten auch 2021 einige Unternehmen Finanzierungen von 200 bis 250 Millionen Euro einfahren. Kandidaten dafür gibt es gleich mehrere: mit Volocopter ein weiteres Flugtaxi-Startup und mit Isar Aerospace oder Marvel Fusion sogar Startups im Raketenbau oder der Forschung für ein Fusionskraftwerk.
Ganz so ambitioniert müssen neue Geschäftsmodelle aber nicht sein, um weiterhin das Vertrauen von Investoren oder Venture-Kapitalgebern zu erhalten. Entscheidend ist einzig die Grundidee und hier werden zwei Themen auch 2021 wieder dominieren: innovative digitale und disruptive Geschäftsmodelle sowie Nachhaltigkeit und Klimaschutz.